Mittwoch, 26. November 2014

Aus Fehlern lernen (Folge 1)



Eine meiner größten Sorgen in den Schären waren die knapp unter Wasser liegenden Steine. Einhand habe ich aus dem Cockpit ja kaum eine Chance diese rechtzeitig zu sehen und zu reagieren. Ich hatte sogar einmal darüber nachgedacht eine GoPro Kamera am Bugkorb zu montieren und für eine Echtzeitansicht über WLAN mit meinem Tablet zu verbinden. Im Nachhinein kann ich nun sagen, dass diese Konstruktion nicht nötig war. Man muss schon gewaltig aufpassen, aber mit entsprechender Vorsicht ist alles alleine machbar. Nach dem Kranen meines Bootes kann ich nun sagen, dass die wenigen Grundberührungen die ich hatte, keine weiteren Schäden hinterlassen haben. Das Gelcoat am Rumpf hat zwei Macken aus missglückten Anlegemanövern und das Ruder eine tiefe Schramme einer Ankerkette einer Mooringboje abbekommen. Eine bei 101 angelaufenen Häfen und Buchten sowie rund 65 Schleusen, meistens Einhand, ja noch übersichtliche Manöverbilanz.
Welche Lektionen habe ich nun daraus gelernt? In diesem ersten Beitrag zu dieser Reihe fange ich einmal mit einem Anlegemanöver an…
Ich wollte an der Insel Kyrkogardsön im Stockholmer Schärengarten festmachen. Alle Plätze waren bereits belegt bis auf eine freie Stelle an einem Steg mit wenig Wassertiefe. Wenig Wassertiefe fordert immer langsame und vorsichtige Fahrt.
 
Ich wollte also steuerbord längsseits an den Steg gehen. Zu dem böigen Seitenwind addierte sich überraschend viel Strom. Backbord lag bereits eine teure große Motoryacht an einer Heckboje. Ich ging also vorsichtig an den Steg und merkte, dass ich durch den Strom nach Backbord gegen die Yacht abtreibe. Eigentlich kein Problem. Üblicherweise fahre ich dann erstmal wieder weg und mache einen neuen Anlauf mit dem nun vorhandenen Wissen um Strom, Tiefe und Wind. Zu dieser Zeit war meine Frau an Bord und auf dem Vorschiff und ließ sich von einem zur Hilfe kommenden Schweden auf dem Steg dazu überreden ihm die Vorleine zu geben. Die wickelte er dann auch direkt als Vorspring um einen Poller während das Heck weiter herumschwang. Ich rief ihm zu die Leine bitte wieder zu lösen, da ich einen neuen Anlauf machen möchte. Die Antwort: „NEIN!!“ Ich sollte nun in die Spring eindampfen. Generell ja OK, nur brauche ich dann auch entsprechend hängende Fender ganz vorne am Bug. Da hing aber Nichts! Ganz kurzes Hin- und Her, doch er "bestand" auf dem Manöver! Mittlerweile musste ich reagieren denn mein Heck war schon fast ganz herum an der hochglanzpolierten Yacht. Also bei mittlerweile ca. 70° zum Steg legte ich Ruder hart Backbord und gab Vorwärts. Wie vorhersehbar machte der Rumpf knirschend den Kontakt zum Holzsteg und ich musste weiter eindampfen bis mein Heck aus der Kollisionszone war. Das tat weh. Ich habe dann schnell eine Achterleine hinübergeworfen damit der "nette" Helfer mich heranziehen konnte. Er war dann auch ganz stolz auf seinen Tipp. "So machen wir Motorbootfahrer das!!" Ich bedankte mich höflich, mit schiefem Lächeln.
Was kann ich daraus lernen? Schwierig…Noch vehementer auf dem Lösen der Leine an Land bestehen? Die Leine einfach selbst am Vorschiff lösen (lassen)? So oder so wäre es zeitlich knapp geworden. Sich abgefendert gegen die Yacht treiben zu lassen? Dann wäre ich nur sehr schwer dort wieder freigekommen...
Ideal wäre es wohl gewesen zunächst einmal Wind und Strom in sicherer Distanz zu bestimmen um dann entsprechend vorzuhalten. Auf jeden Fall hatte ich danach bei jedem längsseits Anlegen meinen dicken Kugelfender ganz vorne ausgebracht um auf der sicheren Seite zu sein.